Das Vakuum

Es mag im ersten Augenblick verwunderlich erscheinen, wie man einen ganzen Artikel über nichts schreiben kann, aber das Vakuum ist bei weitem nicht so leer, wie man das annehmen könnte.

Ich will dabei gar nicht darauf eingehen, dass es sowieso schon so gut wie unmöglich ist ein perfektes Vakuum zu erzeugen, weil man niemals alle Atome aus einem geschlossenen Behälter hinaus bekommt. Ein anderer Umstand macht das Vakuum noch viel interessanter, und zwar entstehen im Vakuum auf Grund von Quantenfluktuationen ständig Teilchen und Antiteilchen - im Wesentlichen Elektronen und Positronen - die sich praktisch sofort wieder gegenseitig Zerstrahlen. Diese Verletzungen der Energieerhaltung sind nur deshalb erlaubt weil sie von extrem kurzer Dauer sind und in der Regel keinen Einfluss auf die Umgebung haben.

Unter gewissen Umständen kann man diese Quantenfluktuationen aber nachweisen und zwar in dem man elektrisch neutrale Platten auf wenige Mikrometer aneinander bewegt. Jetzt können im Innenraum zwischen den Platten weniger Teilchen entstehen als außen und das die Platten spüren den erhöhten Aussendruck, was sie veranlasst sich einander zu nähern. Dieses Phänomen nennt man Casimir-Effekt und ist im Labor nachgewiesen worden.

Ursache für diese mysteriöse Anziehungskraft des Vakuums ist die Verkleinerung des Zustandsraumes, das heißt der Summe der möglichen von den Teilchen einzunehmenden Energiezustände. Auf Grund des Welle-Teilchen-Dualismus können zwischen den beiden Platten nur noch solche Teilchen entstehen, deren halbe Wellenlänge ein ganzzahliges vielfaches des Plattenabstands ist. Das Quadrat der Amplitude dieser Welle gibt nämlich gerade die Aufenthaltswahrscheinlichkeit des Teilchens. Das ist vergleichbar mit einer Geigensaite, di auch nur einen sauberen Ton produziert, wenn die Knoten der Schwingung an den Fixpunkten der Saite liegen. Die Wahrscheinlichkeit für Teilchen mit nicht passender Wellenlänge nimmt also zwischen den Platten ab, während sie außerhalb konstant bleibt. So entsteht also ein Unterdruck und die Platten werden vom Vakuum zusammengedrückt.

Diese Vakuumfluktuation ist aber nicht nur in komplizierten physikalischen Experimenten von Bedeutung sondern spielt überraschender Weisen in der Astrophysik eine Rolle wo sie mit Schwarzen Löchern und sogar der Entwicklung des Universums in Verbindung tritt.

Schwarze Löcher sind extrem massereiche Objekte, die den Raum in ihrer Umgebung so verzerre, dass nicht einmal Licht, geschweige den gewöhnliche Materie ihnen entweichen könnte, wenn es sich auf eine kritische Distanz, den Schwarzschild-Radius nähert.

Bei der Vakuumfluktuation kann es aber vorkommen, dass eines der virtuellen Teilchen diese Grenze überschreitet, während das ander sich in die entgegengesetzte Richtung davon macht, auf diese Weise hätte ein Beobachter den Eindruck ein Teilchen sei den Schwarzen Loch entwischt. Aufgrund der Energieerhaltung muss das Schwarze Loch bei diesem Vorgang tatsächlich etwas Energie lassen, nämlich genau die Hälfte des Betrags, der nötig gewesen ist, um das Teilchenpaar entstehen zu lassen und der bei der Zerstrahlung beider Teilchen wieder frei geworden wäre.

Im unbeeinflussten Vakuum leihen sich die Teilchen diese Energie kurzfristig aus dem Nichts, was durch die Heisenbergsche Unschärferelation erlaubt ist, je kürzer die Zeit in der die Teilchen existieren desto höher die erlaubte Energie - ganz analog gilt das auch für Ort und Impuls eines Teilchens.

Wie gesagt ist eines der Teilchen aber jetzt vom schwarzen Loch verschluckt worden, so dass die geliehene Energie nicht zurückgezahlt werden kann. Das Universum lässt aber keine Rechnung offen und holt sich die Energie beim schwarzen Loch, das durch seine Anwesenheit ja auch irgendwie an dem Vorgang beteiligt war. Und da schließlich Energie und Masse einander gleichzusetzen sind, wie wir nach Einstein wissen verliert das Schwarze Loch durch Quantenfluktuationen an Masse. Steven Hawking hat diese Hypothese das erste mal aufgestellt. Da es sich um einen sehr langsamen Prozess handelt werden noch zig Milliarden Jahre ins Land gehen, bis das erste Schwarze Loch auf diesem Wege verdampft ist.

Aber die Vakuumfluktuation könnte in noch viel größerem Maßstab von Bedeutung sein, und zwar bei der Entwicklung des Universums selbst.

Kurz nach dem Urknall war das noch sehr kleine Universum homogen mit Strahlung gefüllt, d.h. es gab keinerlei Strukturen aus denen sich einmal Teilchen und Atome geschweige denn Sterne und Galaxien bilden konnten. Und das wäre auch so geblieben, wenn nicht irgendetwas diese gleichmäßige Verteilung gestört hätte.

Möglicherweise waren es Quantenfluktuationen, die zu diesem frühen Zeitpunkt Unordnung in die Verteilung der Energie gebracht haben und als sich das Universum dann sehr schnell ausbreitete wurden diese winzigen Strukturen zu den Mustern aufgebläht, die wir heute als die größten überhaupt kennen. Die Verteilung der Galaxien und Galaxienhaufen im Universum.

Doch damit nicht genug es gibt Spekulationen, nach denen die Vakuumfluktuation noch immer eine Rolle im Geschick des Universums spielt. Es wird davon ausgegangen, dass Vakuumfluktuation eine der Kräfte darstellen könnte, die das Universum noch heute auseinander treibt, obwohl sich diese Ausdehnung aufgrund der bisher entdeckten Materie langsamer vollziehen und irgendwann in ferner Zukunft zum Stillstand kommen sollte.

Sollte es nämlich hin und wieder mal vorkommen, dass sich ein paar nicht sofort selbst wieder zerstrahlt, weil die beiden Teilchen aus irgendwelchen Gründen in entgegengesetzte Richtungen unterwegs sind, dann muss auch ihre Entstehungsenergie irgendwo herkommen, vom Rest des Universums nämlich, beziehungsweise seiner Gravitationsenergie, die dadurch ein winziges bisschen verringert wird.

Nun, der letzte Punkt gehört noch in den Bereich der Spekulation und es gibt noch andere Erklärungsversuche. Das mit den Schwarzen Löchern und dem Casimir-Effekt ist aber inzwischen anerkannt.

Möglicherweise könnte der Casimir-Effekt sogar einen praktische Anwendung finden, einige Forscher experimentieren inzwischen damit, ob sich dieser Effekt einsetzen lässt um damit Bewegungen hochpräzise zu steuern, wie das zum Beispiel für Raster-Tunnel-Mikroskope erforderlich ist.


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BeitragvonDatumAntworten Letzte Antwort
Quantencomputer Fluktuation im VakuumChristoph Schmid29.01.2017
11:36 Uhr
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