Interstellare Raumfahrt II

Sowohl der Warp-Antrieb, als auch die Verwendung von Wurmlöchern sind uns schon aus der Science-Fiction bekannt, aber ihre tatsächliche Umsetzung in funktionierende Antriebsmethoden für die interstellare Raumfahrt wird noch etwas auf sich warten lassen. Das hindert die NASA und andere Forschungseinrichtungen aber nicht, sich mit diesen und anderen Konzepten auseinanderzusetzen.

Wurmlöcher sind zwar sehr populär, aber selbst mit fortgeschrittenen Techniken wahrscheinlich nicht umzusetzen. Zunächst müsste man dazu genug Masse anhäufen, um einen Ring zu bauen, der einen Durchmesser hat, wie die Erdbahn um die Sonne, um die Gezeiteneffekte beim Einfliegen vertretbar klein zu halten, dieser Ring müsste elektrostatisch aufgeladen und in Rotation versetzt werden, fast bis auf Lichtgeschwindigkeit. Und als ob das noch nicht genug wäre, muss eine identische Konstruktion am Zielpunkt aufgebaut werden - dann ist man natürlich schon da, wo man hin wollte und kann sich die ganze Mühe sparen.

Seit "Star Trek" wissen wir, dass man nur den Raum krümmen muss, um die Barriere der Lichtgeschwindigkeit zu umgehen - denn durchbrechen kann man sie bekanntlich nicht. In der Theorie setzt das allerdings eine Form der negativen Energie voraus, die zwar mathematisch möglich, aber in Experimenten noch nicht nachgewiesen werden konnte.

Die Theorie zum Warp-Antrieb wurde im Jahr 2000 Miguel Alcubierre ausgearbeitet, führt aber in dieser durchaus mit der Relativitätstheorie zu vereinbarenden Form dazu, dass das Warp-Feld vom Raumschiff selbst nicht mehr kontrolliert werden kann. Selbst wenn es also möglich wäre, das Raumschiff mit genügend negativer Energie zu umgeben, um die Raumzeit entsprechend zu verformen, könnte man also nicht bestimmen, wie schnell man tatsächlich reist, bzw. ob und wo man wieder in den gewöhnlichen Raum übertritt.

Ein Ausweg aus diesem Dilemma könnte die Krasnikov-Röhre sein, hierbei zieht das Raumschiff die Verzerrung hinter sich her, tritt aber selbst nicht in sie ein. Die Reise zum Ziel würde unter Lichtgeschwindigkeit passieren, aber der Rückweg durch die Krasnikov-Röhre würde das Raumschiff an einen Ort in der Raumzeit zurückbringen, der nur kurze Zeit hinter dem Abflugort liegt. Und wenn der Rückweg außerhalb der Röhre erfolgt, könnte eine zweite gelegt werden, die dann zukünftige Reisen erheblich abkürzt. Das theoretische Modell sagt bei einem solchen Gebilde aber auch voraus, dass die Vakuumfluktuation exponentiell zunehmen und das auch hier wieder große Mengen an negativer Energie entlang der Krasnikov-Röhre gebraucht werden, so dass auch dieser Antrieb auf absehbare Zeit nicht realisierbar ist.

Aber für interstellare Reisen muss es ja auch nicht unbedingt ein Überlichtantrieb sein, selbst ein guter Prozentsatz von c würde die Reise für eine unbemannte Sonde schon sehr interessant machen und man müsste nicht eine Ewigkeit warten, bis sie zurückkehrt oder die ersten Signale von einem fremden Stern schickt.

Auf der Space Technology & Applications International Forum (STAIF) im Februar 2006 wurde dazu von Frank Felber untersucht, wie sich die Gravitation eines Körpers bei relativistischen Geschwindigkeiten verändert. Seine Berechnungen ergeben, dass ein schwerer Körper bei 57,7% Lichtgeschwindigkeit einen Antigravitationskegel in Flugrichtung projiziert, der andere Massen abstößt. Sollten diese Berechnungen korrekt sein, wäre es danach nur noch ein kleiner Schritt, um mit diesem Anstoß auch höhere Geschwindigkeiten zu erreichen.

Leider sind Geschwindigkeiten von mehr als 50% c noch jenseits aller Vorstellung, zumindest mit den verschiedenen Möglichkeiten, die uns heute zur Verfügung stehen, aber Felber ist überzeugt, das 10% noch vor Ende diesen Jahrhunderts erreicht werden können.

Von der NASA wird aber noch über weitere Möglichkeiten spekuliert, die es ermöglichen könnten, ein Raumschiff zu beschleunigen - wenn auch nicht unbedingt auf relativistische Geschwindigkeit.

Wenn man z. B. annimmt, dass der Weltraum eine Hintergrundstrahlung aufweist, wie Vakuumfluktuationen oder die kosmische Hintergrundstrahlung, könnte man vielleicht ein Segel bauen, dass diese Strahlung auf der einen Seite absorbiert und auf der anderen Seite reflektiert und durch den Unterschied im Impulsübertrag einen Vortrieb in diesem Medium generieren. Ob das mit Vakuumfluktuationen oder dem kosmischen Hintergrund möglich ist, muss aber derzeit bezweifelt werden, ganz zu schweigen von der Frage, wie gigantisch dieses Segel ausfallen müsste, um den Effekt bei einer relativ schwachen Strahlung ausnutzen zu können. (In der Nähe einer Sonne könnte man mit diesem Segel aber den Sonnenwind nutzen.)

Etwas effektiver wäre dieses Segel, wenn es die Strahlung in eine Richtung ungehindert passieren ließe und aus der anderen Richtung reflektiert.

Ohne Segel kommt der hypothetische Diametrische Antrieb aus, er basiert auf der Idee einen Gradienten (d. h. eine Gefälle) in einer Eigenschaft der Raumzeit zu erzeugen, wie etwa dem Gravitationspotential. Das Raumschiff soll bei dieser Idee, die dem Warp-Antrieb ähnelt, aber die Raumzeit nicht verlassen, sondern lediglich das Gefälle ausnutzen, um vorwärts zu kommen. Der Gradient sollte dabei von Feldgeneratoren ausgehen, die vorne und hinten am Raumschiff liegen und eine Änderung z. B. des Gravitationspotenzials induzieren. Ein solches Gefährt würde sich quasi am eigenen Schopfe ziehen, in dem es das Gefälle, das es hinunterrutscht, selbst erzeugt.

Weit eleganter wäre es, die Naturgesetze selbst zu beeinflussen und zum Beispiel die Gravitationskonstante G lokal zu beeinflussen und so den oben genannten Gradienten zu erzeugen. Doch auch von der Vorstellung, die Naturkonstanten zu Variablen zu machen, sind wir noch ein gutes Stück entfernt.

Eine letzte Hypothese beschäftigt sich mit der Idee, dass die Quelle eines Feldes und der Körper, der darauf reagiert, von einander getrennt werden können. Das wäre so, als ob man einen Magneten hätte, aber sein Magnetfeld erst in einem gewissen Abstand davon. Bisher gibt es keine Hinweise darauf, dass so etwas möglich sein könnte; die Optionen, die sich aus so einer Entdeckung ergeben würden, wären allerdings ein großer Schritt in Richtung eines revolutionären Antriebs, da sich der Schub schon allein durch die Trennung ergeben würde, weil durch die Trennung ein Potenzial zwischen den beiden Teilen entsteht, das für den Vortrieb genutzt werden könnte.

Alles in allem sind wir noch weit von diesen spekulativen Techniken entfernt, sei es, weil die technischen Möglichkeiten einfach nicht bestehen, sie umzusetzen, wie bei der Reise durch schwarze Löcher, oder weil die theoretischen Grundlagen bestenfalls wagemutige Spekulationen neuer Wissensgebiete sind, die sich uns erschließen müssten. Die Techniken basieren aber allesamt darauf, der Lichtgeschwindigkeit entweder nahe zu kommen, oder ihr durch Wurmlöcher oder verzerrte Raumzeit ein Schnippchen zu schlagen. In der Quantenmechanik kennt man allerdings den Tunneleffekt, bei dem ein Teilchen eine Barriere überwindet, indem es sich die Energie dazu einfach für kurze Zeit vom Universum ausborgt. Der Tunnelvorgang selbst läuft leider auch nur mit Lichtgeschwindigkeit ab, aber wenn zwei Punkte in der Raumzeit (in einem gekrümmten Universum) nahe beieinander liegen, wäre es doch denkbar, dass auch diese Barriere durchtunnelt werden könnte.

Bisher hat man allerdings nur einzelne Teilchen oder Licht beim Tunneln beobachtet, und ob das für Raumschiffe denkbar ist, ohne wiederum die Naturgesetze zu verbiegen, ist fraglich.


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BeitragvonDatumAntworten Letzte Antwort
´Warpantriebthomas ahrendt21.10.2013
15:32 Uhr
/raumfahrt/interstellar2.html/92*LAST*
Krasnikov-Röhrethomas ahrendt21.10.2013
15:30 Uhr
/raumfahrt/interstellar2.html/91*LAST*

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