Paralleluniversen

In der Quantenmechanik gibt es die Idee, dass parallele Universen entstehen, wenn mehrere Wege in die Zukunft möglich sind. An einer Kreuzung hieße das, dass sich das Universum spaltet und wir in einem nach links gehen, und im anderen nach rechts. Diese "Viele Welten"-Interpretation der Quantenmechanik wurde von Hugh Everett 1957 formuliert und später mit obigem Namen sehr populär.

Bedauerlicherweise hilft diese Interpretation nicht weiter, denn es setzt sich immer mehr die Vorstellung durch, dass die Überlagerung der Möglichkeiten nicht zu einer Spaltung des Universums führt, sondern zu einem Zusammenbruch der Zustandsfunktion. Die verschiedenen Optionen schnurren einfach auf eine zusammen und die anderen sind dann schlicht nicht mehr verfügbar.

Man nennt das Dekohärenz. Und es braucht nicht einmal Bewusstsein, um die Anzahl der möglichen Zustände zu reduzieren, jede Wechselwirkung mit der Umgebung reicht aus. An unsere Kreuzung brauchen wir nur auf einen Grashalm treten, um unser Schicksal unwiderruflich festzulegen.

Mit viel Aufwand kann man das Zusammenschnurren verhindern, sogar bis in den makroskopischen Bereich. An der Universität von Kalifornien, Santa Barbara, hat man ein winziges Metallpaddel, nicht breiter als ein menschliches Haar, im Vakuum so weit abgekühlt (unter ein zehntel Kelvin), das es den niedrigsten erlaubten quantenmechanischen Zustand einnahm.

Angeregt durch ein quantenmechanisches System, das sich selbst in einer Superposition zwischen Anregung und Stillstand befand, konnte gezeigt werden, dass auch das Metallpaddel gleichzeitig vibrierte und stillstand.

Aber das ist nur eine Überlagerung und kein Hin- und Herspringen in parallelen Universen. Auch die Quantenmechanik hilft uns bei der Suche nach unseren Nachbarn also nicht weiter.

Also schauen wir mal etwas weiter zurück, und zwar ein ganzes Stück weiter, bis zum Urknall.

Der Urknall, ein Ereignis vor etwa 13,7 Milliarden Jahren, schuf angeblich das Universum und zwar nicht nur die Materie, sondern auch Raum und Zeit. Wenn es vorher keine Zeit gab, ist es schwierig sich vorzustellen, das die Wissenschaftler darüber nachdenken, was vor dem Urknall war, nicht dass Physiker sich von derartigen Kleinlichkeiten aufhalten ließen.

Der Urknall soll ein einem einzigen Punkt stattgefunden haben und dann erfolgte die Ausdehnung im selbst erschaffenen Raum-Zeit-Kontinuum mit all den physikalischen Gesetzen und Konstanten, wie wir sie kennen - wäre das Universum nur ein kleines bisschen anders, dann würde es hier nichts geben, dass sich über seine Ursprünge wundern könnte.

Warum sollten in ähnlichen Urknällen nicht massenweise Universen entstehen, in denen auch ganz andere physikalische Gesetzte herrschen können - mit und ohne neugierige Lebewesen. In einem solchen Multiversum wäre es nur noch eine Frage er Wahrscheinlichkeit, ob auch ein Universum mit den uns bekannten Eigenschaften existiert.

Damit stellt sich die Frage, wie es dazu kommen kann, dass immer wieder neue Universen entstehen, und die Stringtheorie versucht, eine Antwort darauf zu geben.

Zunächst einmal erweitert man die Strings (Fäden oder Saiten) auf Flächen oder Membrane, die in der Theorie Brane genannt werden (das M spart man sich, denn die Erweiterung der Stringtheorie heißt M-Theorie und ein M genügte den Physikern - tatsächlich schlug Edward Witten 1994 den Namen vor, weil er nicht völlig überzeugt war von den Membranen und meinte mit M-Theorie würde man sich noch etwas Interpretationsspielraum offen halten).

Die Idee ist nun, dass diese Brane kollidieren. Zeit brauchen sie dafür nicht, denn laut M-Theorie gibt es 11 Dimensionen (3 für den Raum, eine für die Zeit und noch ein paar weitere). Wenn sich die vier bekannten Dimensionen erst bei einer Kollision der Brane entfalten, bleiben noch genug übrig für die Ausdehnung und die Bewegung dieser seltsamen Objekte.

Und bei jedem Zusammenstoß entsteht ein neues Universum, genauer ein Urknall. Das Brane heizt sich durch den Zusammenstoß auf und die Materie kondensiert. Allerdings unterscheidet sich der so verursachte Urknall etwas von dem singulären Ereignis, das wir oben erwähnt haben, denn er erfolgt langsam.

Die Urknall-Theorie, wie man sie bisher kennt, geht davon aus, dass es kurz nach dem eigentlichen Ereignis eine Phase gab, in welcher sich das Universum extrem schnell ausgedehnt hat, man spricht von Hyperinflation, die mit mehr als Lichtgeschwindigkeit erfolgt ist (das ist nur deshalb kein Widerspruch zu Einstein, weil dabei keine Informationen zwischen Teilen des Universums ausgetauscht wurden).

Diese Inflation sorgte dafür, dass das Universum abkühlte und Unebenheiten ausgebügelt wurden, so dass ein Universum entstehen konnte, wie wir es heute sehen. Gedeckt wird diese Beschreibung durch die Beobachtungen, wie zum Beispiel der kosmischen Hintergrundstrahlung.

Der langsame Urknall soll den selben Effekt haben, nur die Temperaturen müssen nicht so hoch sein und die gleichmäßige Verteilung von Materie und Energie bräuchte keine Hyperinflation als Erklärung. Dieses Modell setzt voraus, dass sich die Gravitation in mehr als nur drei Raumdimensionen (und der Zeit natürlich) ausbreitet, sondern darüber hinaus auch zwischen den verschiedenen Universen wirkt - was erklären könnte, warum sie so viel schwächer ist, als die anderen bekannten Kräfte). Sie sorgt dann auch dafür, dass sich die Universen anziehen und kollidieren.

Im Moment gibt es keine Beweise für die neue Theorie des ekpyrotischen Universums (ekpyrotisch = griechisch für Weltenbrand), aber solche könnten entdeckt werden, denn die Gravitationswellen, die beim Urknall entstanden sind, müssten unterschiedlich sein.

Es könnte also haufenweise parallele Universen geben, die nur eine unbekannte Dimension von uns entfernt liegen. Und jedes Mal, wenn sie zusammenstoßen, geht alles von vorne los - aber das könnte noch 300 Milliarden Jahre dauern, bis wir den nächsten Zusammenstoß erwarten dürfen.


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