Risiken in der Wissenschaft

Am 01.02.2003 um etwa 15:00 brach der Kontakt zur Raumfähre Columbia ab, dieses Unglück hat uns erneut vor Augen geführt, dass Forschung auch mit Risiken verbunden ist, deshalb ist es bei vielen Forschungsprojekten notwendig Risiko und Nutzen gegeneinander abzuwägen. Sei es bei Expeditionen in die Wüste, den Urwald oder eben bei Reisen in den Weltraum aber auch in biologischen Laboratorien, wo mit gefährlichen Krankheitserregern gearbeitet wird.

Sehr oft stellt man dann fest, dass Wissenschaftler bereit sind selbst erhebliche Risiken einzugehen, um neues Wissen zu erlangen. Offensichtlich ist der Drang etwas über die Welt herauszufinden groß genug, um dafür Leib und Leben aufs Spiel zu setzen.

Neben den persönlichen Risiken die ein Forscher bereit ist einzugehen, gibt es aber auch noch Forschungen, die das Leben dritter betreffen. Insbesondere in der Medizin kommt man nicht ohne die Menschen aus, die bereit sind Medikamente vor der Zulassung an sich testen zu lassen.

Das muss den Wissenschaftler vor ethische Probleme stellen, da auch nach den vorgeschriebenen Experimenten an Tieren - die selbstverständlich auch auf das absolut unvermeidbare Maß reduziert werden müssen - das Risiko von unbekannten Nebenwirkungen nicht ausgeschlossen werden kann.

Und als drittes Risiko gibt es noch die Folgen für die Gesellschaft im allgemeinen, die nicht immer im Voraus abzuschätzen sind. Dazu gehören heute vor allem die Folgen des Atomzeitalters und die Auswirkungen der Gentechnik in der Landwirtschaft und der Medizin.

Das persönliche Risiko, das ein Forscher bereit ist einzugehen, muss dieser natürlich in erster Linie mit sich selbst ausmachen. Trotzdem gehört zur Planung eines Forschungsprojekts auch die Minimierung von persönlichen Gefahren, so muss man bei Expeditionen Impfungen vornehmen, die klimatischen Bedingungen beachten und bekannte Komplikationen nach Möglichkeit ausschließen, für die Raumfahrt gilt das selbstverständlich auch, vielleicht sogar noch mehr. Trotzdem werden diese Regeln nicht immer eingehalten, manchmal wird aus Kostengründen oder einfach nur durch Unaufmerksamkeit Sicherheit aus Spiel gesetzt. Oft geht es trotzdem gut und manchmal führt es zu Katastrophe.

Aber dies soll kein Plädoyer für die Abschaffung solcher Expeditionen sein, sie sind wichtig und ohne sie gibt es keinen Fortschritt in Wissenschaft und Forschung. Insbesondere die Weltraumforschung bringt uns Erkenntnisse, die auf der Erde nur schwer oder gar nicht zu erhalten wären.

Nicht immer ist es sofort einsichtig, in welchen Lebensbereichen sich diese Erkenntnisse auswirken werden, das spielt aber keine Rolle, da es zunächst einmal darum geht, überhaupt die Wissensbasis zu verbreitern und erst in zweiter Linie darum praktische Anwendungen zu entwickeln.

Die Leistungen der Forscher, die in ihrer Arbeit ihr Leben gelassen habe sind deshalb nur zu bewundern und es wäre falsch daraus zu schließen diese Forschungen einzustellen. Sein es nun Exkursionen in die Arktis oder Reisen in den Weltraum.

Forscher müssen hin und wieder Risiken eingehen, um ihre Ziele erreichen zu können. Selbstverständlich müssen bekannte Risiken, wo immer möglich, minimiert werden. Ob ein Wissenschaftler bereit ist sich darauf einzulassen ist dann ganz allein seine Entscheidung.

Schwieriger ist es da schon, wenn Forscher für andere entscheiden müssen, weil die Probanten in einer medizinischen Studie oft nicht über das Wissen verfügen, um das Risiko einschätzen zu können. Natürlich kann man davon ausgehen, dass seriöse Wissenschaftler ihre Versuchspersonen keinem vermeidbaren und vorhersehbaren Risiko aussetzen und es gibt klare Regeln, dass neue Therapieansätze erst an Patienten ausprobiert werden, denen mit bisherigen Methoden nicht mehr zu helfen ist.

Das war auch bei den ersten Versuchen zur Gentherapie der Fall, die nach anfänglichem Erfolg bei den Probanden Leukämie ausgelöst haben. Bei der angewendeten Methode wurden Retroviren benutzt um das Genmaterial in die Stammzellen des Knochenmarks einzubauen, wo diese angeregt werden sollten Zellen des Immunsystems zu bilden.

Leider stellte sich heraus, dass bei Kleinkindern zwischen einem und drei Monaten in zwei Fällen Leukämie die Folge war, während Kinder, die älter als sechs Monate waren von dieser Nebenwirkung verschont blieben. Ursache war wahrscheinlich, dass die Retroviren ihre Genladung nicht gezielt in die Zelle einbauen, sondern die Gene einfach irgendwo im Erbmaterial unterbringen.

Auch in solchen Fällen muss genau abgewägt werden, ob absehbare Risiken den Nutzen überwiegen, einige Risiken, wie in obigem Fallbeispiel sind jedoch im Voraus nicht zuerkennen.

Im Fall der Gentherapie hat man sich entschlossen diese Risiken einzugehen und die Chancen des neuen Ansatzes zu nutzen, um Krankheiten behandeln zu können, die sich konventionellen Therapien entziehen.

Einige Entwicklungen sind inzwischen soweit verbreitet, dass sie breite Bevölkerungsschichten beeinflussen und kommerzielle Interessen mit eventuellen Bedenken konkurrieren. Das ist zum Beispiel bei Atomkraft und genetisch veränderten Lebensmitteln der Fall. Der kritische Prozess der wissenschaftlichen Untersuchung hört hier aber nicht auf, sondern er muss weiter begleiten und sein Ziel darin suchen etwaige Bedenken zu widerlegen oder zu bestätigen.

Grundsätzlich sollte der Wissenschaftler seiner Forschung neutral gegenüber stehen und positive wie negative Ergebnisse gleichermaßen berücksichtigen. Die Entdecker der Kernspaltung sind deshalb grundsätzlich nicht für die Atombombe verantwortlich zu machen, da ihr Interesse der Aufklärung eines Phänomens galt. Doch man kann den Forscher nicht ganz aus der Verantwortung entlassen, da er die Folgen seiner Forschungen als - hoffentlich unvoreingenommener - Experte am besten einschätzen kann. Ob die Folgen und Risiken dann von der Gesellschaft akzeptiert werden oder nicht ist danach aber nicht mehr sein Problem.

Wenn es darum geht Risiken für andere Menschen oder die Gesellschaft abzuschätzen muss der Wissenschaftler sorgfältig abwägen, wie weit er gehen will und kann, und für sein persönliches Risiko gilt natürlich im wesentlichen dasselbe.

Wenn uns dann eine Katastrophe wie der Absturz der Columbia daran erinnert, wie gefährlich die bemannte Raumfahrt immernoch ist, dann sollte wir uns auch vor Augen halten, warum Menschen diese Risiken einzugehen bereit sind und dass es sicher nicht in ihrem Interesse wäre die Forschungen einzustellen.

Das sammeln von Daten und Fakten, das Entwickeln neuer medizinischer Ansätze, das Finden von Lösungen für die Probleme der Menschen und der Drang die Welt besser zu verstehen sind es wert, dass Menschen dafür ihr Leben aufs Spiel setzen.


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