Weltraumtourismus

Es ist noch nicht lange her, da war es reine Fiktion im erdnahen Orbit, geschweige denn im Weltraum, Urlaub zu machen, doch inzwischen machen schon einige reiche Leute eine Stippvisite zur ISS und Agenturen für Weltraumtourismus schießen überall aus dem Boden.

1990 war Toyohiro Akiyama der erste Tourist, der für 28 Mio. Dollar die MIR besuchte und seit dem sind freie Plätze in den Sojuz-Raumschiffen fast regelmäßig ausgebucht.

Doch nicht jeder kann sich einen solchen Flug leisten, ganz abgesehen davon, dass damals die MIR und heute die ISS nicht viel, um nicht zu sagen keinerlei, Komfort zu bieten haben. Es ist sicher spannend, den Forschern bei der Arbeit über die Schulter zu schauen, aber ein Ziel für den Massentourismus wird eine solche Forschungsstation sicher nicht. Es ist also noch viel Arbeit zu leisten bevor der Ausflug ins All wirklich zur Normalität wird.

Zunächst einmal müssen die Kosten für den Transport drastisch gesenkt werden, eine Rakete in den Weltraum zu schießen und diese hinterher wegzuwerfen, ist der denkbar teuerste Weg, einen Menschen in den Weltraum zu bringen.

Hier hat der Ansari X Prize Großes geleistet, indem er 2003 einen Preis von 10 Mio. Dollar für das erste Unternehmen auslobte, das ein Raumschiff finanziert, baut und startet, das drei Menschen bis in eine Höhe von 100 Kilometern bring, sicher zur Erde zurückkehrt und diese Leistung innerhalb von nur zwei Wochen wiederholen kann.

Dieser Preis wurde im Oktober 2004 vom SpaceShipOne der Firma Virgin Galactic gewonnen. Mit diesem technologischen Vorsprung ist man dort jetzt dabei, den Nachfolger SpaceShipTwo zu entwickeln, das Anfang 2008 vorgestellt wurde und eigentlich schon 2009 oder 2010 erste Passagiere ins All bringen sollte. Eine ganze Reihe weiterer Unternehmen arbeitet an ähnlich vielversprechenden Projekten.

Der Zeitplan für SpaceShipTwo wurde leider durch drei Tote im Juli 2008 über den Haufen geworfen. Dieser Unfall muss zunächst genau untersucht werden, bevor man weitermacht.

Dies zeigt, dass Weltraumtourismus nicht das Gleiche sein wird wie ein Flug in die Dominikanische Republik. Raumfahrt ist ein gefährliches Hobby und dessen sollte man sich bewusst sein, wenn man sein erstes Raumschiff betritt. Derzeit liegt die Sterblichkeit bei Rauflügen bei 4 Prozent. Bei Virgin Galactic strebt man an, den Flug noch 100mal sicherer zu machen, bevor die ersten zahlenden Passagiere an Bord gehen.

Selbstverständlich muss man auch gesundheitlich in der Lage sein, die Belastungen während Start und Landung auszuhalten, also 3,5g beim Aufstieg und bis zu 6g beim Wiedereintritt in die Atmosphäre – bei den Absolventen des Flugtrainings schafften es 93 Prozent, diese Anforderungen zu erfüllen, so dass diese Achterbahnfahrt für die wenigsten ein Kriterium sein wird, den Flug nicht anzutreten – die 200.000 Dollar, die der Flug trotzdem noch kosten wird, vielleicht schon.

Diese Preise werden voraussichtlich auch noch eine ganze Weile hoch bleiben, denn Weltraumtourismus ist auch mit den ersten kommerziellen Anbietern immer noch ein Spaß für wenige, die sich das leisten können, und die Preise werden erst sinken, wenn es gelingt, die Zahl der Touristen zu vergrößern - ein Dilemma, aus dem man erst einmal herauskommen muss.

So ist es auch kein Wunder, dass auch das Europäische Projekt der EADS Astrium für einmal Schwerelosigkeit und zurück 200.000 Euro verlangen will – für einen etwa dreistündigen Flug.

Damit die Touristen auch etwas von ihrem Flug haben, müssen große Fenster in den Rumpf eingefügt werden, was eine Herausforderung ist, denn das geht natürlich zu Lasten der Stabilität und muss durch neue Ideen bei der Konstruktion der Kabine ausgeglichen werden. Sitze wie in einem Kampfjet sind auch nicht sinnvoll, denn diese wären viel zu schwer. Bei EADS hat man sich deshalb für frei drehbare High-Tech-Hängematten entschieden, die sich nach der Richtung der Gravitation ausrichten und die Reise so relativ bequem machen. Sobald Schwerelosigkeit herrscht, dürfen die Passagiere ihre Gurte lösen und sich frei in der geräumigen Kabine bewegen. Man hofft, 2012 die ersten Touristen befördern zu können.

Ein Rundflug von ein paar Stunden, mit einigen Minuten Schwerelosigkeit kann aber nur ein Appetithäppchen sein, Ziel für den wirklichen Enthusiasten ist zweifellos der mehrtägige Aufenthalt im Orbit oder vielleicht sogar ein Ausflug zum Mond.

Das erste Weltraumhotel könnte von Bigelow Aerospace kommen, die im Juni 2007 mit Genesis II eine Testplattform ins All geschossen haben, um Technologien zu prüfen, die zum ersten kommerziellen Weltraumkomplex führen sollen. Genesis II basiert auf dem aufgegebenen TransHab-Projekt der NASA, dessen Ziel es war, aufblasbaren Wohnraum für die Besatzung der ISS zur Verfügung zu stellen. Aufblasbar hört sich sehr fragil an, doch die Außenhülle des TransHab/Genesis ist ca. 30 cm dick und beinhaltet neben der Isolierung auch Schutzschichten gegen Weltraummüll und Minimeteoriten. Der Vorteil eines aufblasbaren Habitats liegt natürlich auf der Hand, es ist leichter zu transportieren und kann deshalb relativ günstig in eine Umlaufbahn gebracht werden, bzw. muss nicht erst im Orbit zusammengesetzt werden.

Ein weiteres Hotelprojekt wurde im August 2007 von Galactic Suite angekündigt und soll 2012 seine Pforten öffnen. Für 2 Mio. Pfund darf man dann für drei Tage die Schwerelosigkeit genießen, mit 18 Sonnenaufgängen pro Tag und einer Erdumrundung in 80 Minuten. Einige Investoren, die diese Unternehmung mit 3 Mrd. Pfund anschieben müssen, sind bereits mit von der Partie.

Wem das immer noch nicht genügt, der ist vielleicht für eine Reise um den Mond zu begeistern. Eric Anderson mit seiner Firma Space Adventures hat schon einige Privatflüge ins All organisiert und will demnächst Rundflüge zum Mond anbieten. Bereits 2011 könnte das erste Sojus-Raumschiff einen Touristen für 100 Mio. Dollar bis zum Mond und zurück bringen.

Weltraumtourismus ist keine Zukunftsmusik mehr, es ist teuer, ein paar Tage ins All zu jetten, aber es ist schon heute möglich. Mit immer neuen Unternehmen, die sich dem Boom anschließen, darf man auch erwarten, dass die Preise fallen werden und sich auch weniger Reiche einen kurzen Ausflug in den Weltraum leisten werden.

Ob die ersten Weltraumhotels tatsächlich schon 2012 die ersten Gäste empfangen, muss man erst mal abwarten, aber allzu lange wird es wohl nicht mehr dauern, bis die ersten Postkarten aus dem Weltraum bei den zu Haus gebliebenen eintrudeln.


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