Buckyballs und Nanotubes

Die Entdeckung, das Kohlenstoff nicht nur als Graphit oder Diamant vorkommt, sondern auch in ungewöhnlich regelmäßigen Strukturen, wie Bällen oder Röhren hat in der Welt der Wissenschaft für Furore gesorgt.

Ursprünglich wollten Robert F. Curl, Jr., Richard E. Smalley 1985 und Sir Harold W. Kroto, untersuchen, ob man kosmischen Staub, insbesondere langkettige Kohlenstoffverbindungen auch im Labor herstellen kann. Aber man stieß dabei auch auf seltsame Moleküle die aus sechzig Kohlenstoffatomen bestehen mussten und etwa einen 1nm groß sind. Es dauerte eine Weile, bis sie darauf kamen, dass sich diese Struktur nur mit einem Ball aus Atomen erklären ließ – wie ein Fußball, wobei an den Schnittpunkten der Nähte die C-Atome sitzen. Andere Moleküle hatten noch mehr Kohlenstoffatome, es musste sich demnach um verlängerte Versionen der Bälle handeln. Die Forscher erhielten 1996 den Nobelpreis in Chemie für diese Entdeckung.

Ihren Namen erhielt diese neben Diamant und Graphit dritte Form von Kohlenstoff durch den Architekten Buckminster Fuller, der mit Dächern aus zusammengesetzten geometrischen Formen, berühmt geworden ist, die den Fullerenen oder Buckyballs erstaunlich ähnlich sind.

Spektroskopisch konnten diese Fullerene schließlich auch in den Gas und Staubwolken nachgewiesen werden, die ursprünglich zu den Experimenten geführt hatten.

Und im Jahr 2000 fand man schließlich C60 in Sedimenten auf der Erde in denen sogar Interstellare Gase - z.B. Helium - gefangen waren. Diese Sedimente waren etwa 65 Mio. Jahre alt, was darauf hinweist, dass es der Asteroid war, der das Aussterben der Dinosaurier einleitete der diese Moleküle mitgebracht hatte. Aber bereits 1999 wurden die ersten Fullerene in einem 4.6 Mrd. Jahre alten Meteoriten gefunden.

Zunächst konnte C60 nur in sehr kleinen Mengen gewonnen werden, bis Wolfgang Krätschmer, Lowell Lamb, Konstantinos Fostiropoulos, und Donald Huffman 1990 herausfanden, dass man diese Verbindungen in großen Mengen erhält, wenn man Kohlenstoffelektroden in einer Lichtbogenlampe benutzt.

Aber nicht nur kugelartige Strukturen entstehen dabei. Unter dem Elektronenmikroskop kann man auch winzige Stäbchen (bis hinunter zu Durchmessern von 0,4 nm) finden, die Nanoröhrchen oder Nanotubes, die aus aufgrollten Atomlagen aus Graphit bestehen. Diese Röhrchen wurden eher zufällig 1991 von Sumio Iijima in den Labors von NEC in Japan entdeckt.

Experimente mit den Buckminsterfullerenen zeigten bald, dass diese Verbindungen außerordentliche Eigenschaften haben, da sie mit sehr vielen anderen Atomen Verbindungen eingehen können bis 1997 waren schon über 9000 bekannt. Das macht diese Kohlenstoffkügelchen zu möglichen Kandidaten, um chemische Reaktionen zu katalysieren und damit zu beschleunigen oder gezielter ablaufen zu lassen. Außerdem kann man fremde Atome – z.B. Kalium, Rubidium oder Cäsium - in den Käfig aus Kohlenstoff einsperren und so Supraleiter herstellen, die bei einer Temperatur von 20 bis 40 Kelvin supraleitend werden, höhere Sprungtemperaturen sollten in Zukunft mit komplizierten Systemen, wie Kristallen aus Buckyballs oder Nanotubes, möglich werden.

Insbesondere zeigen neuere Forschungsergebnisse des National Institute of Standards and Technology (NIST), der University of Pennsylvania, und der Bilkent University in der Türkei, das Nanoröhrchen, die mit Wasserstoff bestückt und mechanisch deformiert werden sehr interessante Kandidaten für Hochtemperatursupraleiter sind.

Lincoln J. Lauhon und seine Kollegen an der University of Harvard hat Nanodrähte hergestellt, die nur noch einen Durchmesser von 50nm haben und einen Kern aus Germanium einschließen und von einer Siliziumhülle umgeben sind. Auch diese mehrlagigen Drähte sind sehr interessant und werden bereits experimentell in neuen kleineren Transistoren eingesetzt, die vielleicht in einer zukünftigen Computergeneration zum Einsatz kommen.

Aber Nanodrähte sind nicht die einzige Anwendung – wenn auch erst mal die praktikabelste. Nanoröhrchen sind um ein vielfaches stärker als Stahl und ungleich leichter. Das eröffnet völlig neue Möglichkeiten in der Architektur. Es könnte sogar möglich sein einen Fahrstuhl bis in einen niedrigen Orbit zu bauen (35.000 km). Während so eine Konstruktion aus modernen Verbundmaterialien immernoch unter ihrem eigenen Gewicht zusammenbrechen würde könnten Gewebe aus Nanofasern leicht und stabil genug sein, um dieses Projekt zu verwirklichen. Das würde einen unschlagbar günstigen Weg in den Weltraum ermöglichen –ein Verbundmaterial mit Nanofasern kann bis zu sechs mal stärker sein als herkömmliche Faserverbundwerkstoffe.

Die NASA hat einen Plan entwickelt, bei dem ein Seil zwischen einem 15km hohen Turm (auch der ist ohne Nanotechnologie nicht möglich) und einem Ankerpunkt im Orbit gespannt werden soll. An diesem Seil könnten dann die Fahrstühle auf und ab gleiten und Material und Astronauten in den erdnahen Weltraum bringen.

Aber lange bevor dieser Fahrstuhl steht werden wir wahrscheinlich andere Anwendungen dieser Nanofasern sehen, wie schusssichere Westen oder Gewebe, um elektromagnetische Strahlung abzuschirmen.

In der Entwicklung befinden sich inzwischen auch winzige Getriebe aus Nanoröhrchen, an die man verschiedene Moleküle als Zahnradzähne angesetzt hat. Diese winzigen Getriebe werden vielleicht eines Tages eine Anwendung in der Nanotechnologie und in Nanobots finden. Außerdem ermöglichen mit unterschiedlichen Atomen dotierte Nanotubes auch die Entwicklung winziger Dioden, die für zukünftige optoelektronische Computer von Bedeutung sein werden.

Ein weiterer Anwendungsbereich in dem die Fullerene ihre Stärken ausspielen können ist die Medizin. In C60 eingebettete Wirkstoffe könnten sehr gezielt an den Ort dirigiert werden an dem sie gebraucht werden, da man außen Moleküle – z.B. Antikörper oder andere spezifische Bindungsstellen – anbringen könnte, die auf ganz bestimmte Krankheitserreger reagieren und ihre Fracht nur bei diesen abliefern. klinische Versuche mit einem Medikament das die Vermehrung von HIV behindern soll sind in der Planung. Aber die Nanokügelchen müssen nicht unbedingt direkt als Medikament eingesetzt werden, mit einem Metallatom in ihrem inneren würden sie auch bessere Kontrastmittel in der Magnetresonanztomographie (NMR) abgeben. Insbesondere könnten diese Kontrastmittel über einen längeren Zeitraum eingesetzt werden, weil das gefangene Metallatom keine Nebenwirkungen verursachen kann. Und wenn man verschiedene Atome in eine Kugel packt, könnte man Kontrastmittel entwickeln, die gleichzeitig bei NMR als auch Röntgenuntersuchungen eingesetzt werden können, was zu einer besseren Vergleichbarkeit der Ergebnisse führt.

Es gibt jedoch auch aktuelle Hinweise, dass Buckyballs zu Schädigungen in Gehirnen von Fischen führen können, und entzündliche Reaktionen in der Leber hervorrufen, weitere Forschungen werden zeigen müssen, ob sich diese Befunde bestätigen

Mit Nanoröhrchen hingegen könnten Nadeln entwickelt werden, die es ermöglichen einzelne Zellen mit dem Medikament zu versorgen.

Alles in allem handelt es sich bei den Fullerenen in jeder Form um außergewöhnliche und vielseitige Moleküle, von denen wir in Zukunft sicher noch einiges hören werden.


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