Magnetic Reconnection – Magnetische Wiederverbindung

Magneten erzeugen Felder, welche die magnetische Wirkung vermitteln, und den Verlauf der Feldlinien kann man zum Beispiel mit Eisenspänen sichtbar machen, aber das ist eine grobe Vereinfachung.
Die Feldlinien zeigen an, wie die magnetische Kraft in dem Feld wirkt und wie sich ein Körper bewegen würde, der dieser Kraft folgen kann. Ob Feldlinien tatsächlich eine physikalische Daseinsberechtigung haben, spielt dabei zunächst überhaupt keine Rolle, sie beschreiben einfach, wie sich Teilchen in einem Magnetfeld (oder einen Gravitationsfeld) verhalten und wie sich die Felder ausbreiten. Insbesondere schneiden sie einander nicht, gehen entweder von einem Pol zum anderen oder sind geschlossenen Kurven (es gibt demnach keine magnetischen Monopole) und je stärker das Feld ist, desto dichter muss man sich die Feldlinien vorstellen.

Aber es wird noch komplizierter, denn in der klassischen Physik sollte es eigentlich überhaupt keinen Magnetismus geben. Man kann zwar seine Wirkung beschreiben, aber seine Ursache ohne Zuhilfenahme der Quantenmechanik nicht erklären. In der Quantenmechanik folgt der Magnetismus aus der Ununterscheidbarkeit der Teilchen (im Falle des Magnetismus sind das die Elektronen in der Hülle der Atome und Moleküle). Die Quantenmechanik stellt Bedingungen auf, wie sich die Teilchen ausrichten dürfen, nämlich so, dass die Elektronen niemals den gleichen Zustand einnehmen, der Zustand umfasst Masse, Ladung, Energie und Spin (Eigendrehimpuls des Teilchens). Masse und Ladung stimmen bei Elektronen sowieso überein und wenn sie sich auf dem gleichen Energieniveau befinden, dann folgt daraus, dass der Spin entgegengesetzt ausgerichtet sein muss. So stellt sich auf atomarem Niveau eine Ordnung der Teilchen ein, die sich makroskopisch als Magnetismus äußert.
Die Feldlinien haben wir damit leider immer noch nicht entdeckt und trotzdem scheinen sie sich in einem ganz besonderen Phänomen bemerkbar zu machen, der magnetischen Wiederverbindung. Die Idee dahinter ist, dass unter ganz bestimmten Bedingungen Feldlinien brechen und sich neu verbinden können, wobei Energie freigesetzt wird.

Schon in den 1950ern ist das Phänomen in der Plasmaphysik aufgetaucht. Nähern sich zwei Magnetfelder einander an, die entgegengesetzt ausgerichtet sind, dann können sich Feldlinien trennen und neu verbinden, so dass sie aus der Berührungszone herausgedrängt werden. Man kann sich das wie eine Kreuzung vorstellen. Fahrzeuge von links oben fahren in die Kreuzung und verlassen sie wieder nach rechts oben. Andere Fahrzeuge kommen von rechts unten und verschwinden nach links unten. Die Feldlinien entsprächen in diesem Bild den Fahrspuren, denen die Fahrzeuge folgen. Kommen sich die Fahrspuren immer näher, verbinden sie sich neu, sodass plötzlich ein Fahrzeug von links oben nach links unten fährt und eines von rechts unten nach rechts oben.
In einem Plasma führt dieser Prozess zu einem elektrischen Strom hoher Dichte und dadurch zu einer staken Aufheizung des Plasmas und geladene Teilchen werden in dem elektromagnetischen Feld beschleunigt.

Bis 2003 nahm man an, dass die Regionen, in denen die Wiederverbindung stattfindet, sehr klein sind, aber mit den vier Cluster-Satelliten der NASA konnte in der Magnetosphäre der Erde eine Region von 3000 km Länge nachgewiesen werden, in der das Phänomen auftrat, wenn das Magnetfeld der Sonne auf das Magnetfeld der Erde traf.
Mit der THEMIS-Mission von 2008 wurde dann gezeigt, dass auch beim Verhalten von Nordlichtern eine solche Wiederverbindung einen Einfluss haben kann. In der Regel findet man die Aurora Borealis in einem Kreis oder Oval um den Nordpol herum, aber immer wieder kommt es zu sogenannten Unterstürmen, die das Oval aufbrechen, verwirbeln und die Aurora sehr aufleuchten lassen. Quelle der Energie dafür ist eine Region in zwei Dritteln des Abstandes Erde-Mond hinter der Erde (aus Richtung Sonne). Verbinden sich hier die Feldlinien – zum Beispiel weil sie durch den Sonnenwind verformt und zusammengedrückt werden, werden die geladenen Teilchen in dieser Region in Richtung Erde beschleunigt und bringen das Nordlicht durcheinander.

Auf der Sonne könnte die magnetische Wiederverbindung in Zusammenhang mit dem koronaren Massenauswurf stehen, bei dem gigantische Mengen an Materie von der Sonne in den Weltraum geschleudert werden. Und bei Neutronensternen und den Jets, die bei schwarzen Löchern beobachtet werden, könnte die magnetische Wiederverbindung die Energie liefern, die für diese Phänomene nötig ist.
Und das alles mit Linien, die es eigentlich gar nicht gibt und nur eine Beschreibung liefern sollen, um uns eine Vorstellung des Magnetfeldes zu ermöglichen. Tatsächlich ist das Phänomen noch nicht sehr gut verstanden und es ist nicht klar, was da wirklich passiert. Es wird aber intensiv geforscht, zumal solche Wiederverbindungen auch in Wasserstoffreaktoren auftreten könnten, in den die Fusion ja auch in einem Plasma stattfindet, das von einem starken Magnetfeld gehalten wird. Man würde nicht wollen, dass einem der Reaktor um die Ohren fliegt, weil sich irgendwelche Feldlinien verknoten.

 Auf der Erde sind die Magnetfelder aber nicht stark genug und die Regionen, in den die Wiederverbindung auftritt, deshalb nur schwer zu finden und zu untersuchen. 2014 starten deshalb die nächsten Raumsonden der NASA, die Magnetospheric Multiscale (MMS) Mission soll detaillierteren Aufschluss darüber liefern, was da tatsächlich passiert und wie magnetische Felder miteinander wechselwirken.


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