Gravitationslinsen

Schwere Objekte krümmen den Raum. Das hat Albert Einstein schon 1912 in einer Arbeit beschrieben, in der er davon ausging, das Licht durch eine Masse abgelenkt werden kann.

Betrachten wir einen fernen Stern, so sehen wir in der Regel nur das Licht, welches uns auf direktem Wege erreicht. Aber wenn das Licht an einem schweren Objekt vorbei muss, wie zum Beispiel einem schwarzen Loch, dann wird es abgelenkt. Ein Teil geht vielleicht oberhalb vorbei - seine Bahn nach unten gekrümmt - und ein Teil des Lichts zieht unterhalb des schwarzen Lochs vorbei - diese Photonen werden nach oben abgelenkt. Dann kann es passieren, das wir den gleichen Stern zweimal sehen.

Danach war es erst einmal einige Jahre ruhig um das Phänomen, bis es 1936 wieder aus der Versenkung auftauchte. Rudi W. Mandl überredete Einstein, die Berechnungen, die Mandl angestellt hatte, zu veröffentlichen, und danach beschäftigten sich immer mehr Physiker mit dem Phänomen, aber tatsächlich beobachtet wurde es erst 1979 von Dennis Walsh, Robert F. Carswell und Ray J. Weymann, die nachweisen konnten, dass es sich bei den Quasaren 0957 561A und 0957 561B tatsächlich um ein und dasselbe Objekt handelte. (Die Namen bezeichnen die Position am Himmel, aber weil sie so dicht beieinander stehen, mussten Buchstaben hinzugefügt werden.)

er Grund für die lange Zeit zwischen der Entwicklung der Theorie und dem ersten Nachweis war vor allem, dass die Berechnungen in den ersten Jahren von idealen Bedingungen, wie zum Beispiel kugelförmigen Massen ausgingen. Das ist in den Tiefen des Weltalls aber nicht unbedingt der Fall, gerade, wenn es ein Doppelsternsystem oder eine Galaxis ist, welche für die Ablenkung sorgt.

Aber nachdem man erst mal heraus hatte, worauf es zu Achten galt, wurden zahlreiche weitere Gravitationslinsen gefunden und man fing an, sie gezielt zu nutzen, um den menschlichen Blick auf das Universum zu schärfen.

n einem Fall ermöglicht uns das Phänomen den Blick auf eine sehr alte Galaxie, die eigentlich hinter einer jüngeren verborgen wäre, wenn ihr Licht nicht durch Masse der jungen Galaxie so gekrümmt werden würde, dass es doch zu beobachten ist - manchmal so verzerrt, dass es wie ein Ring um die Galaxie aussieht, welche als Linse wirkt.

Bei solchen Ringen spricht man auch von einem starken Linseneffekt. Oft passiert das Licht die Materieansammlung aber auch in so großem Abstand, dass es nur zu einer leichten Verformung kommt oder einem schwachen Gravitationslinseneffekt.
 Dunkle Materie hat auch Masse und beugt das Licht ebenfalls. Dass sie existieren muss, steht außer Frage, denn die dunkle Materie muss mit ihrer Schwerkraft zum Beispiel Galaxien und Sternhaufen zusammenhalten, aber wie und wo sie zu finden ist, das stand noch zur Debatte.

m Bild des Galaxienhaufens ZwCl0024 1652, das vom Hubble Teleskop 2007 aufgenommen wurde, war der Schatten der dunklen Materie deutlich als Ring sichtbar - mit einem Durchmesser von 2,6 Mio. Lichtjahren. Aber James Jee von der Johns Hopkins University entdeckte noch etwas anderes in den Aufnahmen: verzerrte Bilder weiterer Galaxien. Tatsächlich hatte Hubble zwei Sternhaufen aufgenommen, die miteinander kollidiert waren, aus Richtung Erde lagen sie hintereinander und der Hintere war durch die Gravitationslinse der dunklen Materie sichtbar. Diese Kollision war es auch, welche die Verteilung der dunklen Materie durcheinandergebracht hatte, sodass sie hier so prominent beobachtet werden konnte.

Über die Stärke des Gravitationslinseneffekts sind so Rückschlüsse auf Verteilung und Menge der dunklen Materie möglich.

Das Universum ist 13,75 Mrd. Jahre alt plusminus 170 Mio. Jahre. Das ist zunächst nichts Neues für den geneigten Wissenschaftler. Aber Gravitationslinsen bieten einen neuen Weg, das Alter und die Größe des Universums präziser zu bestimmen.
 Dabei untersucht man, wie lange das Licht auf unterschiedlichen Wegen unterwegs ist, bis es die Erde erreicht - man sieht das Alter des Lichts an seiner Rotverschiebung, denn die Wellen strecken sich mit der Ausdehnung des Weltalls und das Lichtspektrum verschiebt sich. So lassen sich Rückschlüsse ziehen, wie weit die Lichtquelle entfernt ist und auch, wie es sich ausdehnt. Außerdem wirkt die Lichtquelle dunkler, wenn ihr Licht einen weiteren Weg zurücklegen muss, als wenn es nur eine kurze Strecke unterwegs ist. Staub kann diese Messungen beeinflussen, aber wenn man sich das Licht in verschiedenen Bereichen des Lichtspektrum ansieht, kann man diese Störungen gut einschätzen. Zur Zeit sind etwa 20 solcher Linsen bekannt, die untersucht werden.
 


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