Quarks und Gluonen

Selbst wenn Demokrit schon in 5. Jh. v.Chr. daran gedacht hat, dass die Materie aus winzigen elementaren Einheiten zusammengesetzt sein könnte. Aber 1911 stellte sich heraus, dass auch diese Atome nicht so elementar waren wie man gehofft hatte. Rutherford konnte in seinen Experimenten beweisen, dass sich die Atome aus noch kleineren Einheiten zusammensetzen, dem Atomkern und den Elektronen, welche die Hülle darstellen und das 99% des Atoms schlicht leer sind.

Doch auch damit war man noch nicht bei den Grundbausteinen der Materie angelangt, denn auf der Suche nach einer systematischen Beschreibung nicht nur der bekannten Materie, sondern auch von kosmischen Exoten und Beschleunigerexperimenten. Das war in den 1950ern. In dieser Zeit machte sich Murray Gell-Mann daran diesen Teilchenzoo zu charakterisieren und zu ordnen. Bald merkte Gell-Mann das sich die Teilchen zu acht Familien zusammenfassen ließen und stellte fest, dass sich alle Teilchensorten erklären ließen, wenn man annahm, dass sie aus jeweils drei noch kleineren Bausteinen zusammengesetzt waren. Er nannte sie Quarks, nach den mindestens ebenso seltsamen Brüdern aus James Joyce Roman "Finnegan's Wake". Diese Quarks sollten gedrittelte Elementarladungen - die Ladung eines Elektrons - tragen, was zunächst unmöglich schien, bis 1974 das erste Quark entdeckt wurde.

So unterscheidet man heute im wesentlichen drei Klassen von Teilchen, Leptonen, Mesonen und Baryonen. Zu den Leptonen gehören die Elektronen und ihre schweren Geschwister die Myonen. Die Mesonen zerfallen sehr schnell in Elektronen. Positronen, Neutrinos und Photonen - die nicht zum genannten Teilchenzoo gezählt werden. Die von uns beobachtete Materie besteht aus den Baryonen, zu denen Protonen und Neutronen gehören.

Während die Leptonen elementar sind und sich nach derzeitigem Stand der Forschung nicht weiter zerlegen lassen bestehen Mesonen aus zwei Quarks - genauer einem Quark und seinem Antiquark. Baryonen bestehen aus drei Quarks.

Da Baryonen immer aus drei Quarks bestehen aber entweder Neutral sind wie das Neutron oder elektrisch geladen wie das Proton muss die Quarkladung gedrittelt sein. Das sogenannte "up"-quark (u) hat demnach eine Ladung von +2/3 und das "down"-quark (d) -1/3. Das Neutron setzt sich demnach aus zwei u und einem d zusammen (udd), während das Proton aus zwei d und einem u besteht (uud).

Dieses u und d nennt man den Geschmack des Quarks. Neben "up" und "down" kennt man inzwischen noch vier weitere schwere Quarks, die aber nur in exotischer Materie zu finden sind, z.B. in kosmischer Strahlung oder in Beschleunigerexperimenten. Diese Quarks haben die Geschmacksladungen - auch Flavor genannt - von Charm, Strange sowie Top und Bottom jeweils mit den Ladungen +2/3 und -1/3.

Leider kann man diese Quarks niemals einzeln beobachten, was ein Glück ist, da andere als Elementarladungen nicht auftreten dürfen, aber es bleibt die Frage offen, warum das so ist.

Um dies zu erklären, muss man eine weitere Eigenschaft der Quarks heranziehen, die Farbladung. Diese Ladung - nicht zu verwechseln mit dem was wir als Farbe kennen, mathematisch sind es die Richtungen von Vektoren - besagt, dass Quarks eine von drei Farbladungen tragen können - rot, grün und blau - und alle beobachtete Materie ist weiß. Wer sich mit Farben auskennt wird sehen, dass man dies erreichen kann wenn man rot, grün und Blau mischt oder wenn man eine Farbe mit ihrer Antifarbe kombiniert - z.B. rot mit antirot.

Mesonen bestehen demnach aus einem Quark und dem entsprechenden Antiquark, das auch die Antifarbladung trägt. Und die Baryonen setzen sich immer aus jeweils einem Vertreter jeder Farbladung zusammen - Antibaryonen entsprechend aus den Antifarben, man nennt das ein Farbsingulett.

Die Einführung der Farbladung war erforderlich um in der Theorie nachvollziehen zu können wie das sog. p-Meson zerfällt, es hatte sich nämlich herausgestellt, dass die Theorie vor der Einführung der "Farbeigenschaft" einen um den Faktor 9 zu langsamen Zerfall des Mesons vorhersagte, erst als man sich die Farbladung ausdachte passten Modell und Wirklichkeit wieder zusammen.

Aber die Farbladung hat noch einen weiteren bedeutenden Fortschritt ermöglicht. Mit ihr war es möglich eine Theorie der Starken Wechselwirkung aufzustellen, die beschreibt, was den Atomkern trotz der Abstoßungskräfte durch die positiv geladenen Protonen zusammenhält - die Quantenchromodynamik (QCD).

Kräfte werden, wenn man der Quantenmechanik folgt, durch virtuelle Teilchen übertragen - bei elektromagnetischen Wechselwirkungen sind dies virtuelle Photonen. Analog zu diesem Prinzip führt man auch in der QCD virtuelle Teilchen ein, welche mit der Farbladung der Quarks wechselwirken. Diese Überträger der Wechselwirkung nennt man Gluonen - nach dem engl. Glue = Kleber. Aber der Zusammenhang zwischen dem Quark und den Gluonen ist etwas komplizierter als bei Elektron und Photon, denn während das Elektron immer ein Elektron bleibt und sich seine Ladung nicht ändert, verändert das Gluon die Farbladung des Quarks.

Aus diesem Grund muss es mehr als ein Gluon geben, das jeweils eine Farbe in eine andere Umwandeln können und es gibt ein rot-blaues Gluon, das bei der Wechselwirkung eines roten mit einem blauen Quark ein blaues und ein rotes macht. Dieser Umstand führt aber auch dazu, dass die Gluonen sich auch gegenseitig beeinflussen und ein rot-blaues Gluon kann mit einem blau-grünen und einem grün-blauen in Wechselwirkung treten. Im Gegensatz dazu beeinflussen sich die Photonen in der Elektrodynamik nicht, weil sie elektrisch neutral sind und sich gegenseitig nicht beeinflussen können.

Um zu verstehen, wie dieser Umstand dazu führt das Quarks niemals alleine zu beobachten sind müssen wir noch einen Augenblick beim Elektron bleiben. Im Vakuum können auf Grund der Heisenbergschen Unschärferelation Elektron-Positronpaare entstehen, wenn sie sich kurzzeitig die dafür benötigte Energie borgen. In der Regel vernichtet sich das Paar sofort wieder, was nur verhindert werden kann, wenn man die nötige Energie von außen zuführt - daneben gibt es auch noch die virtuellen Photonen, die aber keine Rolle spielen, weil sie nicht mit sich selbst wechselwirken. Setzt man nun ein nacktes Elektron ins Vakuum so kommt es zur Vakuumpolarisation, d.h. virtuelle Positronen werden von ihm angezogen und virtuelle Elektronen abgestoßen, die effektive Ladung verringert sich damit ein wenig - in Experimenten findet man deshalb bei extrem kleinen Entfernungen (etwa 10-11 cm) eine Abweichung von des Coulombgesetzes.

Ganz analog können auch Quarks spontan entstehen und vergehen. Setzt man nun ein nacktes Quark ins Vakuum so zieht es virtuelle Antiquarks an und polarisiert ebenfalls das Vakuum aber es beeinflusst nicht nur die virtuellen Photonen, sondern auch die Gluonen. Betrachtet man diesen Effekt im Rahmen der QCD stellt man dann fest, dass die effektive Farbladung durch den Einfluss der virtuellen Gluonen nicht verringert sondern vergrößert wird. Die Wirkung unseres nackten Quarks auf die Umgebung vergrößert sich demnach explosionsartig und unaufhaltsam.

Es gibt nur eine Möglichkeit dieses Dilemma zu umgehen, Farbladungen dürfen niemals einzeln auftauchen, es muss sich immer um Farbsinguletts - weiße Objekte - handeln.

Theoretische und experimentelle Hinweise deuten darauf hin, dass diese permanente Bindung der Quarks - auch Quark Confinement genannt - immer gültig ist.


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