Higgs Boson

Die Quantenmechanik hat uns gezeigt, die Kräfte von Photonen übertragen werden und seit der Relativitätstheorie wissen wir, wie sich Licht ausbreitet und wie der Raum gekrümmt ist aber woher die Teilchen ihre Masse bekommen, war damit noch nicht geklärt.

Während man für die Längenbestimmung nicht mehr auf das Urmeter angewiesen ist, sondern eine Lichtstrecke definiert hat und auch Zeit in der Anzahl an Schwingungen eines Cäsiumatoms gemessen und nicht mehr anhand des Sonnenstands haben wir sehr genaue Definitionen dieser Maßeinheiten aber wenn es um die Masse eines Körpers geht ist immer noch das Urkilogramm in Paris das Maß aller Dinge. Natürlich kann man stattdessen auch eine Anzahl von Kohlenstoffatomen definieren aber im Grunde ist das ohne die Kenntnis vom Ursprung der Masse genauso unbefriedigend wie ein Kilo Platin in Paris.

Einen Ausweg aus diesem Dilemma soll das Higgs-Feld aufzeigen. Durch seine Interaktion mit anderen Teilchen, so vermuten die Teilchenphysiker, erhalten diese ihre Masse. Die Idee dabei ist, dass das ein Teilchen im Higgs-Feld andere Partikel anzieht und auf diese Weise mehr Widerstand erfährt, was sich in der Masse des Teilchens ausdrückt. Das Higgs-Teilchen in diesem Modell würde dadurch zustande kommen, dass es spontan zu einer solchen Zusammenballung kommt, die demnach ebenfalls über Masse verfügen müsste.

Eine oft verwendete Analogie ist eine Party von Physikern – das Higgs-Feld. Kommt plötzlich ein berühmter Physiker – ein Teilchen - hinzu zieht er eine Gruppe von Bewunderern an, die ihm durch den Raum folgen. Wenn der Physiker stehen bleibt ist er nur schwer wieder in Bewegung zu bringen, aber durch die Gruppendynamik ist die Bewegung aber auch schwerer zu stoppen, wenn er sich erst mal auf den Weg gemacht hat - das Teichen hat jetzt Masse und Impuls. Aber einen ähnlichen Effekt sieht man auch, wenn ein Gerücht sich durch den Raum bewegt. Die Physiker wollen hören, wovon da gesprochen wird und drängen sich zusammen – ein Higgs-Teilchen entsteht – diese Gruppe bewegt sich ebenfalls durch den Raum, genau wie das reale Teilchen zuvor.

Diese Idee ist in den 1960ern von Peter Higgs erstmals vorgestellt worden, Higgs postuliert darin ein Feld, welches das ganze Universum ausfüllt, das nach ihm benannte Higgs-Feld.

Als solches ist das Higgs-Feld vergleichbar mit einem elektromagnetischen Feld, wo man ähnliche Effekte z.B. beobachten kann, wenn ein Elektron durch einen positiv geladenen Kristall wandert, durch die Interaktion mit dem Kristallgitter wächst die Masse des Elektrons dabei auf das bis zu Vierzigfache.

Man weiß heute, dass die Elektromagnetischen Kräfte von Photonen übertragen werden, während die Starke und die Schwache Kernkraft von sog. W- und Z-Bosonen übertragen wird. Aber während das Photon masselos sind W- und Z-Bosonen recht schwer, sie sind 80 mal schwerer als ein Proton und gehören damit zu den schwersten bekannten Partikeln. Diese Asymmetrie zwischen den Kräften wird damit erklärt, dass es zu einer Symmetriebrechung im sich abkühlenden frühen Universum kam. Als die Temperatur unter eine bestimmte Schwelle fiel trennten sich die Kräfte in die heute beobachtete Form.

Im Standartmodell der Teilchenphysik ist dieses Phänomen nicht zu verstehen, so das Peter Higgs seine Theorie entwickelt hat um aus dem Dilemma herauszukommen so postulierte er das Higgs-Feld und das Higgs-Boson als Überträger der Wechselwirkung mit diesem Feld.

In der Kernphysik misst man die Masse auf Grund der einsteinschen Äquivalenz von Masse und Energie gern in Energien, ein Proton hat z.B. eine Energie von 1 GeV, das ist die Energie die ein Elektron hat, wenn es mit einer Milliarde Volt beschleunigt wird.

Im Rahmen des Standartmodells erwartet man das Higgs-Boson bei Energien unterhalb von 190GeV zu finden sein sollte, weil es mit anderen Elementarteilchen wechselwirkt. Eine genauere Berechnung seiner Masse ist aber im Rahmen des Modells nicht möglich. Das ist aber kein Beweis für seine Existenz, sondern nur eine Vorhersage des Modells, sollte man das Teilchen nicht finden müsste das Modell überarbeitet werden. Nimmt man eine Eigenschaft der Stringtheorie hinzu, nämlich die sogenannte Supersymmetrie, die besagt, dass jedes Teilchen noch einen supersymmetrischen Partner haben soll erhält man eine Vorhersage zwischen 50 und 130GeV für das Higgs-Teilchen.

Durch zahlreiche Versuche konnten die Energien unterhalb von 100GeV liegen inzwischen ausgeschlossen werden.

Und schon 1995 konnte am SLAC gezeigt werden, dass die Masse des gesuchten Teilchens wahrscheinlich unterhalb von 245GeV zu finden ist. Obwohl diese Energien vor zehn Jahren noch nicht erreicht werden konnten sah man Effekte, die auf das Heisenbergsche Unschärferelation zurückgehen, so kann sich ein Teilchen für kurze Zeit Energie borgen, um virtuell zu entstehen und dann sofort wieder zu Energie zu zerstrahlen. In den Experimenten konnten Hinweise auf diese virtuellen Teilchen nachgewiesen werden, weil sie andere Teilchen beeinflussen,

Der LEP (Large Electron Positron) collider des CERN war Ende 2000 mit 200GeV – 100 Millionen mal stärker als eine Fernsehröhre – einer der besten Orte um nach dem schweren Teilchen zu suchen und tatsächlich konnte man bei Energien von 114,9 GeV Hinweise auf Higgs finden. So fand man drei Ereignisse bei denen möglicherweise ein Higgs-Boson zusammen mit einem Z-Boson entstanden ist, um fast sofort wieder in Quarks zu zerfallen und im Detektor als Schauer von Teilchen nachgewiesen zu werden. Bei diesen Experimente bestand aber immer noch eine Chance von 6 zu 1000 das es sich um einen Messfehler handelt, so das vor der endgültigen Bekanntgabe der Entdeckung weitere Experimente notwendig sind. Am LEP können diese Versuche allerdings nicht mehr durchgeführt werden, da er 2001 seine arbeit eingestellt hat um Platz zu machen für den LHC (Large Hadron Collider), der 2005 in Betrieb gehen soll und wahrscheinlich um 2007 die ersten Daten liefern wird.

Als LEP abgeschaltet wurde fürchtete man am CERN die Forscher am Tevatron Proton Collider des Fermi National Accelerator Laboratory würden den Europäern zuvorkommen, aber allmählich stellt sich heraus, dass auch das 20 Jahre alte Tevatron an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit gelangt ist und nicht genügend Kollisionen für statistisch signifikante Daten liefern kann.

Die Entdeckung des Higgs-Teilchens wäre aber nicht nur eine Bestätigung des Standartmodells, es würde darüber hinaus bestätigen, dass die Elektromagnetische Kraft und die Starke und Schwache Kernkraft die in der Natur auftauchen sich bei hohen Energien vereinigen lassen und so den Weg frei machen für eine große Vereinheitlichte Theorie (GUT – Grand Unified Theory). Lediglich die Gravitation bleibt in diesem Modell noch außen vor, weil Energien die auch sie mit den anderen Kräften vereinigen könnten in naher Zukunft nicht erreicht werden können.

Trotzdem könnte die Entdeckung des Higgs-Bosons auch ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Superstringtheorie sein, in der dann alle Kräfte in einem einheitlichen Modell beschrieben werden. Insbesondere wenn bestätigt werden kann, dass die Energie unter 130GeV liegt und damit die Vorhersagen bestätigt.


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