Wünschelruten und Erdstrahlen


Hartnäckig hält sich seit etwa 150 Jahren der Aberglaube, man könne mit Wünschelruten oder anderen Geräten - wie Lecher-Antennen oder Biotensoren - Wasseradern oder sogenannte Erdstrahlen aufspüren.

Zunächst hat das nichts mit der Wünschelrute zu tun, denn wie man schon an den vielen unterschiedlichen Ausführungen sieht, spielt es offensichtlich keine Rolle, welches Hilfsmittel der Geodät benutzt. Der Ausschlag der Wünschelrute wird allein durch die Muskulatur des Anwenders ausgelöst, ob das willkürlich oder unbewusst geschieht, sei zunächst einmal dahingestellt.
Meistens befindet sich die Wünschelrute in einem instabilen Gleichgewicht und kann durch winzige Muskelaktivität – den Carpenter- oder Ideomotor-Effekt - zum Ausschlag gebracht werden, was durchaus den Eindruck vermitteln kann, die Wünschelrute besäße ein Eigenleben – ganz ähnlich funktioniert auch das Pendeln. Diese Feinkontrolle der Muskeln ist meist bewusst nur schwer zu erreichen, aber man kann an das erwünschte Ergebnis denken und dem Ideomotor-Effekt die Steuerung überlassen.
Ich schlage vor, diesen Mechanismus selbst einmal auszuprobieren, z. B. werden Sie mit einem Pendel schnell Erfolg haben und sehen, dass es sich ohne Ihren bewussten Einfluss so bewegt, wie Sie es sich vorstellen – das gleich trifft auch auf viele andere okkulte Praktiken wie Ouija-Bretter/Gläserrücken zu.

Nun könnte man natürlich davon ausgehen, dass die Wünschelrutengänger die Wasserader selbst bemerken und die Bewegung der Rute nur ein äußeres Zeichen dieser Wahrnehmung ist.
Auf der anderen Seite ist diese Annahme natürlich reine Spekulation, solange die Fähigkeiten der Wünschelrutengänger nicht in Experimenten nachgewiesen werden können. Insbesondere, da die Vorstellung, Wasser würde unterirdisch in festen Bahnen fließen, in den meisten Fällen nicht zutrifft und historisch überholt ist. Es ist eher so, dass das Wasser in breiten Bereichen als Grundwasser mehr oder weniger stark in eine Richtung strömt.

Experimente, bei denen die Probanden künstliche Wasseradern aufspüren sollten, verliefen bisher allesamt negativ oder sind nicht nach strengen wissenschaftlichen Kriterien durchgeführt worden. Demonstrationen im Feld sind nicht unbedingt geeignet, die Behauptungen zu belegen, weil – zumindest in unseren Breiten – sich Grundwasser fast überall (94%) in Bohrtiefe befindet. James Randi hat deshalb vorgeschlagen, die Wünschelrutengänger sollten einen Platz finden, wo kein Wasser fließt, worauf nach seiner Aussage noch niemand eingegangen ist.
Es könnte deshalb interessant sein, zu vergleichen, wie erfolgreich ein Wünschelrutengänger in einer Versuchsreihe im Vergleich zu einer zufälligen Auswahl von Bohrlöchern abschneidet.

Abgesehen davon, dass die Behauptungen nicht wissenschaftlich belegt sind, gibt es aber auch keinen biologischen Mechanismus, der eine Wahrnehmung von Wasser unter der Erde vorstellbar erscheinen lässt. Die gewöhnlichen Sinne kommen jedenfalls nicht in Frage. Man kann Wasser unter der Erde weder sehen noch tasten. Lediglich von einigen Tieren wird behauptet, dass sie Wasser auch riechen können – aber das sind Wüstentiere und der Geruchssinn des Menschen ist nicht besonders gut ausgeprägt.

Aber Wasseradern sind nicht das Einzige, was Geodäten vorgeben aufspüren zu können, auch sogenannte Erdstrahlen gehören für die Radiäsie dazu, die angeblich sogar Krebs auslösen können.
Dabei gibt es tatsächlich Erdstrahlen, es ist die natürliche Radioaktivität, die uns überall auf der Erde umgibt. Aber ganz sicher ist diese Strahlung nicht von einer Wünschelrute zu entdecken, denn sie umgibt uns überall. In der Regel ist sie auch nicht für Krebs verantwortlich zu machen, weil sich die Natur auf diese Belastung eingestellt hat und eventuelle Schäden reparieren kann – von Ausnahmen abgesehen, wo die Belastung höher ist. (Aber hin und wieder eine leicht erhöhte Dosis kann die Selbstheilungskräfte sogar anregen, wie Kuren in Bergwerken und Schlammbäder belegen.) Diese Strahlung stammt aber auch nicht aus dem Erdkern, sondern von radioaktiven Elementen in der Erdkruste, die sich durch geologische Prozesse auch hier und da konzentrieren können – Braunkohlelager oder Uranminen sind solche Orte.

Die Strahlen, vor denen die Wünschelrutengänger oder Geobiologen warnen, sind meist anderer Natur, und mit dem Geigerzähler nicht nachweisbar. Diese Strahlen sind angeblich mit physikalischen Methoden nicht nachweisbar und nur Wünschelrutengänger können sie mit ihrer besonderen Sensibilität aufspüren. Wie diese Strahlen entstehen, und warum sie auf dem Weg durch den Erdmantel nicht absorbiert werden, wird offen gelassen – ganz zu schweigen davon, warum sie von obskuren Geräten und Abschirmungen aufgehalten werden sollen, wenn kilometerdicke Gesteinsschichten das nicht können.

Die angeblichen Quellen dieser Strahlen reichen von seltsamen Linien in der Erde bis hin zu exotischen Neutrinowechselwirkungen. Keine dieser Erklärungen ist physikalisch oder geologisch plausibel. So kann es keine Linien in der Erde geben, diese Hartmann- oder Curry-Netze bzw. das atomare Gittersystem würde schließlich durch die Dynamik der Kontinente immer wieder im Erdmantel eingeschmolzen und es ist nicht vorstellbar, wie sie aus dem heißen Magma - des mittelatlantischen Rückens zum Beispiel - wiedererschaffen werden sollten.
Aber die feinmaschigen Netze sind natürlich ein guter Vorwand bei leichtgläubigen Menschen die Betten zu verrücken und Schutzgeräte zu verkaufen. Das diese manchmal sogar zu funktionieren scheinen, liegt vor allem am Schauspiel der Wünschelrutengänger – man sollte also eine zweite unabhängige Meinung einholen – es kann sich durchaus um einen Placebo-Effekt handeln.

Diese Vorstellung offenbart deshalb vor allem die Antiquiertheit dieser Vorstellung, die aus einer Zeit stammt, bevor Alfred Wegener die Kontinentaldrift entdeckt hat. Auch die extrem schwach wechselwirkenden Neutrinos, deren Reaktionen außerordentlich gut von den Teilchenphysikern verstanden werden, sind kaum geeignet, seltsame Erdstrahlen hervorzurufen. Überhaupt findet man zu diesem Thema viel pseudowissenschaftliches Geschwafel von Turbulenzen und stehenden Wellen im Magnetfeld der Erde usw., das im Grunde nichts erklärt und nur den Eindruck einer Wissenschaftlichkeit erwecken soll, die objektiv nicht gegeben ist.

Mit Namen wie Radiäsie oder Geodäsie soll der Eindruck erweckt werden, es handle sich schon um eine anerkannte Wissenschaft, aber das ist falsch, es ist immer noch Wünschelrutenlaufen und dieser Name mit seiner Assoziation von Wünschen trifft es wohl auch am besten.
Trotzdem werden immer wieder Versuche durchgeführt, die angeblich die Fähigkeiten der Geomanten belegen sollen. Eine dieser Studien ist der Wünschelrutenreport von H. L. König und H.-D. Betz, aber wie die Kritik von Prof. Dr. E. Wielandt zeigt, bestätigt auch diese Untersuchung nicht die Behauptungen der Wünschelrutenanhänger, denn im Durchschnitt konnte keine Trefferwahrscheinlichkeit nachgewiesen werden, die über eine zufällige Verteilung hinaus ginge.

Vorsicht muss man walten lassen, wenn man sich die Leistungen einzelner Wünschelrutengänger anschaut, deren Vorhersagen angeblich über den Zufallserwartung hinausgehen. Man sollte dabei nicht vergessen, dass man nur eine Aussage über sehr viele Geodäten machen kann und so ist es zu erwarten, das immer einige mehr oder weniger vom Durchschnitt abweichen.
Wenn ein Wünschelrutengänger mit seinen Treffern über dem Durchschnitt liegt, ist das also nicht erstaunlich - selbst wenn Betrug ausgeschlossen werden kann. Um seine Fähigkeiten zu belegen, müsste man ihn in wiederholten Versuchsreihen mehrmals testen und könnte erst dann feststellen, ob seine Leistungen regelmäßig oberhalb des Erwartungswerts liegen, alles andere hat statistisch nichts zu bedeuten, ganz gleich, welche fantastischen Wahrscheinlichkeiten dafür angegeben werden, dass genau diese Trefferzahl erzielt wird (erst ab fünf bis zehn Versuchsreihen wird ein Experiment aussagekräftig).

Und so ist es eigentlich auch kein Wunder, dass der von der James Randi Educational Foundation (JREF) ausgelobte Preis, in Höhe von einer Million Dollar, für den wissenschaftlichen Nachweis für paranormale Fähigkeiten - inklusive Wünschelrutenlaufen – noch von niemandem eingestrichen werden konnte.
 


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The Matter of Dowsing (James Randi)